Kurz erklärt: Wie negative Gedanken-Muster entstehen
«Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden deine Worte.
Achte auf deine Worte, denn sie werden deine Handlungen.
Achte auf deine Handlungen, denn sie werden deine Gewohnheiten.
Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter.
Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.»
- Charles Reade -
Die gerne zitierten Worte vom englischen Schriftsteller Charles Reade verdeutlichen, dass unsere Gedanken Macht haben. Täglich geistern mehrere Tausend (je nach Quelle bis zu 80'000!) Gedanken durch unsere Köpfe, die meisten davon unbewusst. Das sind unglaubliche Zahlen, findest du nicht auch? Auch wenn es schwer zu ermitteln ist, wie viel wir wirklich denken, eins ist sicher: Denken ist ein komplexer Prozess, der Höchstleistungen von unserem Gehirn voraussetzt. Dafür benötigt das Gehirn viel Energie. Es macht rund 2% der Körpermasse von uns Erwachsenen aus und braucht 20% unserer gesamten Körperenergie. Ein wesentlicher Teil davon wird zum Denken benötigt. In der Zeit, in der sich unser Gehirn entwickelt hat, war Nahrung, die ebendiese Energie bringt, nicht immer und überall verfügbar (so wie heute).
Unser energieeffizientes Gehirn
Für unseren Körper war es deshalb lebensnotwendig, seinen Energiehaushalt effizient zu regeln. Um möglichst viel Energie einzusparen, hat unser Gehirn einen schlauen Mechanismus entwickelt: Es stärkt Verknüpfungen zwischen den Neuronen, also unseren Nervenzellen, die häufig gebraucht werden. Unsere Neuronen leiten Wahrnehmungsreize durch elektrische Signale weiter. Je stärker die Verbindungen zwischen ihren Kontaktstellen, den Synapsen, sind, umso effizienter können Signale ausgetauscht werden. Durch ständige Wiederholungen von Gedanken oder Verhaltensmustern lernt unser Gehirn, dass diese wahr respektive wichtig sein müssen, sonst würden sie ja nicht immer wiederholt. Wer kennt nicht den berühmten Satz «die Macht der Gewohnheit». Dabei unterscheidet unser Gehirn nicht gross zwischen dem puren Gedanken oder dem wirklichen Erleben einer Situation - was wir uns im Coaching mit mentalem Training zu Nutzen machen können.
In emotionsgeladenen Situationen springt allerdings ein anderer Teil unseres Gehirns an: die Amygdala. Sie spielt eine wichtige Rolle bei der emotionalen Bewertung von Situationen sowie der Analyse möglicher Gefahren, ist also insbesondere in emotionalen oder von Angst und Stress geprägten Situationen aktiv. Die Amygdala sorgt für schnelle Reaktionen in sehr emotionalen oder gefährlichen Momenten, in dem sie grundsätzlich drei Reaktionsmuster abruft: Flucht, Angriff oder Schockstarre. Wir alle kennen Beispiele dafür, wenn wir in Streitsituationen unvermittelt zum Angriff übergehen, davonlaufen oder gar nichts mehr sagen können. Solche intensiven Momente brennen sich regelrecht in unser Gehirn ein, wieder aus dem Grund der Energieersparnis für zukünftige vergleichbare Situationen. Es ist aus Sicht des Gehirns überlebenswichtig, bei Gefahr oder Stress schnell reagieren zu können.
Das Zusammenspiel von Prägungen, Wahrnehmung und Verhalten
Der Nachteil dieser Energieeffizienz unseres Gehirns ist es einerseits, dass unangenehme Verhaltensweisen oder «Überreaktionen» entstehen. Eine weitere Herausforderung ist es, dass negative Emotionen stärkere Empfindungen und Reaktionen in uns auslösen als positive. Diese Eigenschaft untermalt das Beispiel einer Steinzeit-Familie, die beim fröhlichen Geschichtenerzählen plötzlich von einer Raubkatze aufgeschreckt wird. Wenn die positiven Emotionen, die Freude an den Geschichten, stärker wäre als die Angst, gefressen zu werden, würden sie wohl kaum überleben.
Wir sind also genetisch darauf programmiert, unseren limitierenden Emotionen und Gedanken mehr Beachtung zu schenken als den Förderlichen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass wir im Alltag etwa acht Mal mehr negative als positive Gedanken haben, wobei sich die Negativen unter Stress nochmals um ein Vielfaches erhöhen.
Als Kinder entdecken wir die Welt, wir wissen noch nichts, kennen nur unsere Instinkte und unsere Intuition. Alles andere nehmen wir von unserem Umfeld auf und prägen uns ein, was in welchen Situationen passiert. Da unsere negativen Emotionen aus den erklärten evolutionsbedingten Gründen ausgeprägter sind, entstehen dabei häufig limitierende Überzeugungen. Es können ganze Weltanschauungen entstehen, die uns verängstigen oder blockieren, oder wir sehen uns selbst in einem schlechten Licht, weil wir immer wieder hören, was wir offenbar alles falsch machen. Nicht zu vergessen ist dabei, dass auch der Fokus unserer Eltern und anderer uns prägenden Bezugspersonen oft auf Negativem basiert, da sie in ihrer Kindheit ebenso geprägt wurden. Zudem übernehmen sie die Rolle der beschützenden und fürsorglichen Erwachsenen und impfen uns so ihre negativen Gedanken mit dem Äussern ihrer Sorgen und Ängste regelrecht ein. So kommt es, dass wir schon früh unseren Fokus aufs Negative lenken, sprich dieses eher wahrnehmen und häufiger darüber nachdenken.
Leider bleibt dies oft unreflektiert, wir hören unseren Gedanken zu wenig zu und vieles bleibt deshalb unbewusst. Den meisten Menschen dürfte nicht klar sein, wie schnell limitierende Gedanken Überhand nehmen. Und welchen Einfluss ebendiese Gedanken auf ihre Wahrnehmung und ihr Verhalten haben.
Über die bewusste Wahrnehmung negative Gedanken erlösen
Es lohnt sich, seinen Gedanken zuzuhören. Tue das ganz bewusst, vor allem, wenn du dich gerade unwohl fühlst. Schreibe die Kernaussage deiner dich herunterziehenden Gedankenspiralen auf. Frage dich, ob diese Aussage wirklich wahr ist. Sei dabei ehrlich und offen für die Möglichkeit, dass jeder negative Gedanke auch positive Botschaften für dich versteckt. Versuche, die Unwahrheiten und positiven Aspekte zu finden.
Oft hilft bereits diese kleine Übung, um negative Gedanken zu stoppen und das Denken in neue Richtungen anzuregen. Im Coaching ist dies die Ausgangslage, um lähmende Gedanken in förderliche umzuwandeln - was für eine wohltat!
Quellennachweis:
Akademie für Neuromentaltraining (2024): Neuroplastizität: Die Macht der Gedanken über das Gehirn. https://www.neuromentaltraining.com/neuro-blog/neuroplastizitaet-denken-gehirn/ (Stand 17.09.2024)
Wikipedia (2024): Gehirn. https://de.wikipedia.org/wiki/Gehirn (Stand 18.09.2024)
Wikipedia (2024): Amygdala. https://de.wikipedia.org/wiki/Amygdala (Stand 27.09.2024)